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Für ein Chemie-Museum in Erkner
Erkner hat in der Geschichte der industriellen Chemie eine einmalig wichtige
Rolle gespielt, derer sich nur Wenige bewusst sind .
1860 gründete hier Julius Rütgers seine erste
industrielle Teerraffinerie, die den Steinkohlenteer - vorher ein
Abfallprodukt der Berliner Leuchtgasanstalten - zu
Imprägnieröl für Eisenbahnschwellen und Chemiearomaten für synthetische
Farbstoffe ("Teerfarben") aufarbeitete. 1889 wurden im wissenschaftlichen
Laboratorium dieses Unternehmens zwei interessante Verbindungen, Inden und Cumaron,
aus Steinkohlenteer isoliert und in künstliche Harze schmelzbaren Typs (Thermoplaste)
umgewandelt.
Diese Inden-Cumaron-Harze sind die ersten industriell vollsynthetisch erzeugten
Harze bzw. Kunststoffe überhaupt und spielen
auch heute noch eine wichtige Rolle als Spezialpolymere für Druckfarben, Lacke,
Klebstoffe und Gummiartikel.
1909 wurde in Zusammenarbeit mit Leo Hendrik Baekeland und nach
seinen Patenten bei den Rütgerswerken der erste Vertreter der Duroplaste,
das Bakelite®, aus
Teerphenol und Formaldehyd hergestellt. Die Rütgerswerke gründeten im Beisein
Baekelands die Bakelite GmbH, die auch heute noch am historischen Ort unter dem
Namen Dynea Phenoplaste produziert.
Diese Pioniertat, Phenol mit Formaldehyd in einer technisch steuerbaren
Reaktion zu einem Kunstharz umzusetzen, stellt einen wichtigen Meilenstein
in der Chemie-Geschichte dar.
Phenoplaste werden in reiner Form als Lackrohstoff ("Novolak") verwendet.
Universell werden die Phenoplaste mit Füllstoffen wie Steinmehl, Holzspänen
oder Faserstoffen als wertvolle und widerstandsfähige Werkstoffe für
viele Anwendungen in der Technik sowie in Lösung als Leim- und Imprägnierharz
für Holzwerkstoffe
hergestellt und begegnet uns auch in unserem Haushalt in vielfältiger Form. So
sind zum Beispiel die bekannten "Tischlerplatten" sowie die sehr stabilen
Kunststoffbeschichtungen
für Holz auf Phenoplast-Basis (Resopal, Sprelacard) aufgebaut.
Übrigens: Die Karosserie des Trabi war Phenoplast aus Erkner (!), verstärkt
mit Baumwoll-Vlies.
Eigentlich müsste man bei der Ankunft in Erkner mit einem großen Schild
begrüßt
werden:
Lange Zeit war Bakelit der Inbegriff für Kunststoff schlechthin,
bevor wir die heute so breite Palette an Kunststoffen (den Stoffen, die von der
Kunst der Chemiker Zeugnis ablegen) zur Verfügung haben. Um an diese Entwicklungen
zu erinnern, und überhaupt in der Öffentlichkeit die
Bedeutung der Chemie, die unser tägliches Leben so stark beeinflusst, bewusst
zu machen, wurde am 16. Dezember 2003 - im Jahr der Chemie - der Freundeskreis
Chemie-Museum Erkner e. V. gegründet. Der Freundeskreis will diese
Ereignisse aufgreifen, um in Zusammenarbeit mit anderen Museen (u. a. auch mit
dem Deutschen Museum in München) zunächst die Entwicklung auf dem Gebiet
der Werkstoffe sowohl in der Region als auch dann überhaupt die Entwicklung
auf anderen Gebieten der Chemie in Erkner zu präsentieren.
Konkret wird der Freundeskreis zunächst das Heimatmuseum Erkner bei der
Darstellung der Stadt Erkner als Industriestandort mit Präsentationen unterstützen
und mit öffentlichen
Vorträgen - wie auch mit Experimental-Shows - für die Chemie werben.
Das Ziel des Freundeskreises ist die Gründung eines Chemie-Museums auf
historischem Boden in Erkner, zumal in der Region Berlin-Brandenburg Chemie nirgends lebendig
und zukunftsträchtig dargestellt wird.
Um das Gespräch darüber in Gang zu bringen, sollen in einem Forum
Chemie chemie-historische
und allgemein verständliche Vorträge (z. B. auch Chemie im Alltag)
und in einem Experimentarium interessante chemische Experimente - sozusagen "Chemie
zum Anfassen" - angeboten werden.
Außer dem, was war, und dem, was ist, sollen auch Visionen anhand der wissenschaftlichen
Entwicklungen in der Forschung aufgezeigt werden, die unser tägliches Leben in
Zukunft mitgestalten werden.
Dabei will sich der Freundeskreis an aufgeschlossene Bürger der
Region und ganz
besonders an die Jugend (Schüler, Studenten) wenden. Es sollen die positiven
Seiten der Chemie ins öffentliche Bewusstsein gebracht, aber auch die Gefahren
aufgezeigt werden, die bei falschem Einsatz von Produkten der chemischen Industrie
auftreten können. Er arbeitet zielstrebig daran, eine attraktive Stätte
der Begegnung mit dem Lebensquell Chemie zu schaffen und dabei gelegentlich jener
Persönlichkeiten
der Chemiegeschichte zu gedenken, die vielfach unter großen Entbehrungen zur
heutigen Blüte des Industriezweigs beigetragen haben.
Der Freundeskreis Chemie-Museum Erkner e. V., ein gemeinnütziger
Verein, ist sehr an neuen Mitgliedern interessiert. Er heißt Sie, Angehörige
Ihrer Familie und Ihre Freunde bei der Gestaltung dieses Projektes durch Ihre
persönliche Mitarbeit,
eine Spende oder Überlassung von Ausstellungsobjekten herzlich willkommen in
Erkner, der Stadt zwischen Wäldern und Seen - direkt vor den Toren Berlins!
Download:
Sie können
sich diese Darstellung auch als druckfertigen Flyer (3er Faltblatt auf
2 Seiten A-4) im PDF-Format herunterladen:
Faltblatt
- deutsche Version Flyer
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